Ursprünglich flog die Tu-16 am 27. April 1952 und damit wenige Wochen nach der Boeing B-52 zum ersten Mal und ging dann zwei Jahre später bei den russischen Luftstreitkräften in Dienst. In zehn Jahren bauten die Werke in Kasan, Kuybischew und Woronesch etwa 1.500 der bei der NATO als "Badger" bekannten Maschinen. Auch China erhielt die Tu-16 und montierte 1959 in Harbin einige als Kits gelieferte Flugzeuge. Die eigentliche Lizenzfertigung übernahm dann das Werk in Xian. Wegen der Wirren der Kulturrevolution und der verschlechterten Beziehungen zu Russland hob die erste komplett in China gefertigte H-6 allerdings erst im Dezember 1968 zum Jungfernflug ab. Zuvor war eine H-6 zum Abwurf der ersten chinesischen Atombombe über dem Testgelände in Lop Nor genutzt worden.
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Chinesisches Verteidigungsministerium
Von der Xian H-6 gibt es mittlerweile einige Varianten. Die PLAAF (People‘s Liberation Army Air Force) nutzt vorwiegend die H-6K.
Stetige Weiterentwicklungen
Mit den ersten H-6 aus den 1960er-Jahren haben die heutigen Modelle nicht viel mehr als die grundlegende Auslegung gemein. Aktuell wird von der PLAAF (People‘s Liberation Army Air Force) vorwiegend die H-6K genutzt, deren Erstflug vom Januar 2007 datiert und die offiziell 2009, dem 60. Gründungsjahr der Volksrepublik China, in Dienst ging. Die H-6K hat eine verstärkte Struktur, bei der auch Verbundwerkstoffe verwendet werden. Als Antrieb dienen nun zwei Solowjew D-30KP-2-Turbofans, die im Gegensatz zu den früheren WP8-Turbojets einen deutlich geringeren Treibstoffverbrauch haben und somit den Einsatzradius auf bis zu 1800 km erhöhen. Das neue Triebwerk erforderte vergrößerte Lufteinläufe. Die Zahl der Besatzungsmitglieder wurde auf drei (Kommandeur, Copilot und Navigator/Waffensystemoffizier) reduziert, wobei das Cockpit nun mit Bildschirmen ausgerüstet ist. Die Heckbewaffnung hat man samt Heckschützen eliminiert und durch elektronische Selbstschutzsysteme ersetzt. Der Bug ist nun nicht mehr verglast, sondern es wurde ein Radar installiert. Unter dem Rumpf ist ein Behälter für elektrooptische Sensoren untergebracht.
PLAAF
Die neuste Variante ist die Xian H-6N, sie verfügt über einen modifizierten Rumpf und charakteristische Luftbetankungssonden vor dem Cockpit.
Verschiedene Varianten
Für die Bewaffnung stehen sechs Unterflügelstationen bereit. Sie sind für Lenkwaffen wie den Marschflugkörper KD-20 (Reichweite ca. 1500 km) oder ältere KD-63 (Reichweite ca. 150 km) gedacht. Auch überschallschnelle YJ-20-Lenkwaffen zum Einsatz gegen Schiffe können getragen werden. Dazu ist die H-6K auch in der Lage, konventionelle Bomben im Waffenschacht im Rumpf einzusetzen. Eine ähnliche Ausführung wird als H-6J bezeichnet und ist für die Marineflieger gedacht. Sie flog angeblich erstmals 2014, trägt sechs Überschall-Langstreckenflugkörper YJ-12 (460 km Reichweite) und kann "Kriegsschiffe bis zur Zweiten Inselkette" angreifen, so das Pentagon. Darüber hinaus gibt es seit einigen Jahren H-6K mit zwei zusätzlichen Außenlaststationen, die offenbar für EloKa-Behälter gedacht sind. Anlässlich der Parade zum 70. Jahrestag der Gründung der Volksrepublik China im Jahr 2019 stellte die PLAAF die H-6N vor, eine Ableitung der H-6K. Die H-6N verfügt über einen modifizierten Rumpf, der es ihr ermöglicht, extern eine luftgestützte ballistische Rakete zu tragen, die möglicherweise nuklearfähig ist. Die Luftbetankungsfähigkeit der H-6N verschafft ihr auch eine größere Reichweite als anderen H-6-Varianten, die nicht in der Luft aufgetankt werden können.
Kein altes Eisen
Die H-6K sind bei einer ganzen Reihe von Regimentern im Einsatz. Bei der PLAAF sind diese der 8., 10. oder 36. Bomberdivision zugeordnet, die wiederum regionalen Kommandos unterstellt sind (Süden, d.h. Südchinesisches Meer, Osten, d.h. Taiwan und Zentral, vermutlich nationale Reserve). Als Basen werden Anqing, Leiyang, Lintong, Luhe, Neixiang, Shaodong und Wugong genannt. In den letzten Jahren haben H-6K Flüge rund um Taiwan und vor der Küste Japans durchgeführt. Verschiedentlich gab es sogar gemeinsame Übungen mit russischen Tu-95MS. Im Pentagon jedenfalls wird die H-6 keinesfalls als altes Eisen bewertet, sondern als gefährlicher Lenkwaffenträger. Damit sind sowohl amerikanische Flugzeugträger in der Region gefährdet als auch Stützpunkte wie die Andersen Air Force Base auf Guam. Dies gilt umso mehr, da die H-6 auch neu angelegte Startbahnen auf künstlichen Inseln im Südchinesischen Meer nutzen und somit ihre Reichweite weiter steigern können.
Chinesisches Verteidigungsministerium
Auch eine Tankerversion gibt es, die HY-6.
Technische Daten
Xian H-6
Allgemeine Angaben
Besatzung: 3
Antrieb: 2 x Solowjew D-30KP-2
Schub: 2 x 117,7 kN
Abmessungen
Länge: 34,8 m
Höhe: 10,3 m
Spannweite: 33,0 m
Flügelfläche: 165 m2
Leermasse: ca. 37 200 kg
max. Startmasse: ca. 80 000 kg
Flugleistungen
Höchstgeschwindigkeit: 1050 km/h
Marschgeschwindigkeit: Mach 0.75
Dienstgipfelhöhe: 12 800 m
Einsatzradius: ca. 1800 km
Reichweite: 6000 km
Bewaffnung
Sechs Außenlastträger unter den Tragflächen und Waffenschacht im Rumpf. Mitgeführt werden diverse Lenkwaffen und bis zu 12 000 kg lasergelenkte Bomben wie: KD-20 (bis zu sechs), KD-63, KD-88 (sechs), YJ-12 (vier), YJ-63, YJ-100
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